Nils Müller liest rated Filterworld: 4 stars
Filterworld by Kyle Chayka
Terms From New Yorker staff writer and author of The Longing for Less Kyle Chayka comes a timely history and …
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Terms From New Yorker staff writer and author of The Longing for Less Kyle Chayka comes a timely history and …
Parry erzählt in der Duologie die Geschichte der französischen Revolution, des Sklavenaufstandes in Haiti und der englischen Abolition. Die Geschichte ist dabei fesselnd erzählt, historisch erstaunlich akkurat aber auch mit einer dicken Prise Magie. Fantasy für Fans historischer Romane.
Cory Doctorows Buch über die zerstörerischen Monopole in der Technologie ist fundamental wichtig, um den aktuellen Zustand des Internets zu verstehen. Auch seine Forderung nach Interoperabilität und der Legalisierung "konpetitiver" Interoperabilität ist richtig und wichtig. Das Buch wirkt aber teilweise lediglich wir ein Anhang zu seinem letzten Buch "Chokepoint Capitalism" und wiederholt dessen Argumente im Kern "nur". Auch finden sich leider - entgegen den Versprechungen - keine wirklich praktischen Tipps, wie Einzelne zumindest etwas dazu beitragen können, das Problem zu lösen. (Ich war da vorab aber ohnehin schon skeptisch bzgl. dieser Versprechungen, weil das Problem eben nicht individuell zu lösen ist.)
Auf den Roman „Blaupause“ war bin ich in erster Linie aufmerksam geworden, weil ich vor ein paar Wochen erst einen aktuelleren Roman von Theresia Enzensberger gelesen hatte, „Auf See“. Auch hier begleiten wir eine junge Frau – Yada –, die diesmal die Wahrheit hinter einem großen Projekt ihres Vaters entdeckt, das ihre ganze Welt geworden ist.
Yada lebt auf einer künstlichen Insel in der Ostsee, die ihr Vater mit einigen anderen zusammen als liberales Utopia inmitten einer untergehenden Welt erschaffen hat. Umgeben von einem Wellenbrecher als Schutzwall und Windfarmen verbringt sie ihre Tage zwischen Unterricht und angespannten Abendessen mit ihrem Vater. Die Insel ist mittlerweile jedoch weitestgehend verlassen und so lebt Yada einsam und abgeschieden – wie ihr Vater behauptet, um sie vor der zusammengebrochenen Zivilisation auf dem Festland zu beschützen.
Ganz ähnlich wie in dem Bauhaus-Roman „Blaupause“ erzählt Enzensberger hier von einem Versuch, die Welt zu kontrollieren …
Auf den Roman „Blaupause“ war bin ich in erster Linie aufmerksam geworden, weil ich vor ein paar Wochen erst einen aktuelleren Roman von Theresia Enzensberger gelesen hatte, „Auf See“. Auch hier begleiten wir eine junge Frau – Yada –, die diesmal die Wahrheit hinter einem großen Projekt ihres Vaters entdeckt, das ihre ganze Welt geworden ist.
Yada lebt auf einer künstlichen Insel in der Ostsee, die ihr Vater mit einigen anderen zusammen als liberales Utopia inmitten einer untergehenden Welt erschaffen hat. Umgeben von einem Wellenbrecher als Schutzwall und Windfarmen verbringt sie ihre Tage zwischen Unterricht und angespannten Abendessen mit ihrem Vater. Die Insel ist mittlerweile jedoch weitestgehend verlassen und so lebt Yada einsam und abgeschieden – wie ihr Vater behauptet, um sie vor der zusammengebrochenen Zivilisation auf dem Festland zu beschützen.
Ganz ähnlich wie in dem Bauhaus-Roman „Blaupause“ erzählt Enzensberger hier von einem Versuch, die Welt zu kontrollieren und ihre Komplexität auf einige wenige Punkte herunterzubrechen. Nur geht es diesmal nicht um Gestaltung und Architektur, sondern die Flucht aus der komplexen „echten“ Welt auf eine technisch geschaffene künstliche. Der Schwerpunkt liegt dieses Mal jedoch deutlicher auf der Abgrenzung bestehender politischer Strukturen. Dazu erzählt Enzensberger nicht nur Yadas Geschichte, sondern gibt mithilfe eines mysteriösen Archivs auch Einblicke in andere Versuche, auf der See die absolute Unabhängigkeit zu erfahren.
Die Geschichte ist souverän und leicht lakonisch erzählt und anders als noch in „Blaupause“ schafft es die Autorin diesmal auch, mir einen echten Zugang zu der Gefühlswelt der Hauptfigur zu vermitteln.
Da meine Faszination für das Bauhaus mal wieder neu erwacht ist, habe ich mich gleich nach der Biografie von Franz Ehrlich an den Roman „Blaupause“ von Theresia Enzensberger gesetzt. Der Roman schließt im Grunde nahtlos an das Vorhaben von Borries und Fischer an und zeigt die Komplexität und damit insbesondere auch die graueren Seiten des Bauhauses auf.
Enzensbergers Protagonistin ist die fiktive(?) Bauhaus-Schülerin Luise Schilling, die aus gutem Hause in Berlin kommend in Weimar Architektur studieren möchte. Dort erlebt sie nicht nur ein gemeinsames, intellektuell stimulierendes Geistesleben, sondern auch Menschliches und allzu Menschliches: Sie glaubt, die Liebe gefunden zu haben, die ihr dann doch wieder entgleitet. Sie glaubt, sich mit ihrer Familie ausgesöhnt zu haben, was ihr dann doch wieder entgleitet. Und sie glaubt, ihren Weg in der eigenen Hand zu haben, der ihr dann doch wieder entgleitet.
In der Figur der Luise spiegelt sich jedoch nicht nur der bauhäuslerische …
Da meine Faszination für das Bauhaus mal wieder neu erwacht ist, habe ich mich gleich nach der Biografie von Franz Ehrlich an den Roman „Blaupause“ von Theresia Enzensberger gesetzt. Der Roman schließt im Grunde nahtlos an das Vorhaben von Borries und Fischer an und zeigt die Komplexität und damit insbesondere auch die graueren Seiten des Bauhauses auf.
Enzensbergers Protagonistin ist die fiktive(?) Bauhaus-Schülerin Luise Schilling, die aus gutem Hause in Berlin kommend in Weimar Architektur studieren möchte. Dort erlebt sie nicht nur ein gemeinsames, intellektuell stimulierendes Geistesleben, sondern auch Menschliches und allzu Menschliches: Sie glaubt, die Liebe gefunden zu haben, die ihr dann doch wieder entgleitet. Sie glaubt, sich mit ihrer Familie ausgesöhnt zu haben, was ihr dann doch wieder entgleitet. Und sie glaubt, ihren Weg in der eigenen Hand zu haben, der ihr dann doch wieder entgleitet.
In der Figur der Luise spiegelt sich jedoch nicht nur der bauhäuslerische Versuch, das Leben und die Gesellschaft zu kontrollieren, sondern auch das Leben einer ehrgeizigen Frau in der Zwischenkriegszeit: die Erwartungen der Familie, die Geringschätzung, die Gewalt und schließlich auch der Diebstahl von Ideen.
So kommt sie schließlich zu einem ernüchternden, aber eben leider doch realistischen Schluss:
Ein neuer Mensch, das war das Ziel. Bewegt und geprägt durch die neuen Formen, die ihn umgeben. Aber wie soll das möglich sein, wenn diese Formen doch immer nur von den alten Menschen mit all ihren Fehlern und Mängeln geschaffen werden können?
Wiedermal ein spannender Einblick in das Leben am Bauhaus – diesmal aus der studentischen Perspektive, mit einer spannenden Handlung und komplexen Figuren. Leider ist Luise als Hauptfigur mir etwas fern geblieben, vielleicht auch, weil Enzensberger sich in ihrem Debutroman wenig Zeit für deren Innenleben nimmt.
Nachdem ich das Buch, dessen zentrale Ideen ich bereits vorgestellt habe, nun endlich abgeschlossen habe, möchte ich euch meinen Gesamteindruck natürlich nicht vorenthalten: In ihrer Biographie nehmen sich die beiden Autoren Friedrich von Borries und Jens-Uwe Fischer den weniger bekannten Bauhaus-Schüler Franz Ehrlich vor und rekonstruieren sein Leben, natürlich nicht ohne auch die eine oder andere Beobachtung über dessen Umstände zu verlieren.
Dabei haben sie Franz Ehrlich in erster Linie ausgewählt, weil sich in ihm eine Spannung widerspiegelt, die im Umfeld des Bauhauses bisher nur selten thematisiert wurde: Die enge Verbindung der bauhäuslerischen Ideen mit den beiden großen Totalitätsmaschinen des 20. Jahrhunderts: den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus und der zentralen gesellschaftlichen Steuerung der „sozialistischen“ DDR. Beide entleihen sich den ursprünglichen „positiv-weltverbessernden“ Anspruch des Bauhaus und pervertieren ihn in unterschiedliche Richtungen – im Falle von Franz Ehrlich insbesondere im Hinblick auf seine architektonische Arbeit am KZ Buchenwald, erst als Gefangener, dann als …
Nachdem ich das Buch, dessen zentrale Ideen ich bereits vorgestellt habe, nun endlich abgeschlossen habe, möchte ich euch meinen Gesamteindruck natürlich nicht vorenthalten: In ihrer Biographie nehmen sich die beiden Autoren Friedrich von Borries und Jens-Uwe Fischer den weniger bekannten Bauhaus-Schüler Franz Ehrlich vor und rekonstruieren sein Leben, natürlich nicht ohne auch die eine oder andere Beobachtung über dessen Umstände zu verlieren.
Dabei haben sie Franz Ehrlich in erster Linie ausgewählt, weil sich in ihm eine Spannung widerspiegelt, die im Umfeld des Bauhauses bisher nur selten thematisiert wurde: Die enge Verbindung der bauhäuslerischen Ideen mit den beiden großen Totalitätsmaschinen des 20. Jahrhunderts: den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus und der zentralen gesellschaftlichen Steuerung der „sozialistischen“ DDR. Beide entleihen sich den ursprünglichen „positiv-weltverbessernden“ Anspruch des Bauhaus und pervertieren ihn in unterschiedliche Richtungen – im Falle von Franz Ehrlich insbesondere im Hinblick auf seine architektonische Arbeit am KZ Buchenwald, erst als Gefangener, dann als Angestellter.
Es fällt auf, dass kaum jemand das schmerzhafte Zusammenkommen von Bauhaus und Buchenwald thematisiert, als solle das Bauhaus als reine weiße Projektionsfläche erhalten erhalten bleiben.
Dies gilt insbesondere in der DDR, für die das Bauhaus eines der wenigen „Identifikationsangebote jenseits von Platte und Wohnkomplex“ fungieren sollte, und als solches trotz aller ehemaligen Kritik möglichst unbefleckt bleiben sollte.
Dabei ist die Auswahl Franz Ehrlichs perfekt, um diese Spannung, weil er sich selbst nie ernsthaft positioniert hat und damit das perfekte Beispiel ist für „das Leben unter den Bedingungen der Totalitätsmaschine, ein ständiges Lavieren zwischen Anpassung und Eigenständigkeit“.
Jede*r der sich für das Bauhaus interessiert, sollte dieses Buch lesen, auch wenn es einige Verklärungen gnadenlos zerstört, aber gleichzeitig die enge Verbindung zwischen Bauhaus und den Ideologien der Zeit deutlich macht.
Die Temperaturen steigen weiter und die politische Diskussion wird immer hitziger: Es gibt diejenigen, denen es mit der Klimapolitik nicht schnell genug gehen kann und diejenigen, denen es schon jetzt zu schnell geht. Dazwischen immer wieder neue Horrormeldungen von der Front der Klimaforschung, neue technologische Heilsversprechen, neue Abwiegelungsversuche oder fatalistisches „Es ist eh zu spät“.
In diesem Diskurs nimmt das Buch „Nomad Century“ der britischen Autorin Gaia Vince eine ganz besondere Position ein: Es nimmt die Klimakatastrophe in ihrer Bedeutung vollkommen ernst und nimmt kein Blatt darin vor den Mund, was uns als Menschheit im 21. Jahrhundert bevor steht. Zudem diskutiert sie fundiert die verschiedenen Möglichkeiten, die Katastrophe zumindest noch abzuschwächen. Gleichzeitig sagt sie aber auch ganz klar: Wir können nur noch dafür sorgen, dass es weniger schlimm wird, und nimmt dann einen ganz zentralen Anpassungsmechanismus in den Blick, der die Menschheitsgeschichte seit Anbeginn geprägt hat: die Migration.
Sie schildert, …
Die Temperaturen steigen weiter und die politische Diskussion wird immer hitziger: Es gibt diejenigen, denen es mit der Klimapolitik nicht schnell genug gehen kann und diejenigen, denen es schon jetzt zu schnell geht. Dazwischen immer wieder neue Horrormeldungen von der Front der Klimaforschung, neue technologische Heilsversprechen, neue Abwiegelungsversuche oder fatalistisches „Es ist eh zu spät“.
In diesem Diskurs nimmt das Buch „Nomad Century“ der britischen Autorin Gaia Vince eine ganz besondere Position ein: Es nimmt die Klimakatastrophe in ihrer Bedeutung vollkommen ernst und nimmt kein Blatt darin vor den Mund, was uns als Menschheit im 21. Jahrhundert bevor steht. Zudem diskutiert sie fundiert die verschiedenen Möglichkeiten, die Katastrophe zumindest noch abzuschwächen. Gleichzeitig sagt sie aber auch ganz klar: Wir können nur noch dafür sorgen, dass es weniger schlimm wird, und nimmt dann einen ganz zentralen Anpassungsmechanismus in den Blick, der die Menschheitsgeschichte seit Anbeginn geprägt hat: die Migration.
Sie schildert, wie mehre Milliarden(!) Menschen in den nächsten Jahrzehnten keine andere Wahl haben werden, als ihre Heimat zu verlassen und in Weltregionen Zuflucht zu suchen, die klimatisch menschliches Leben überhaupt noch erlauben: in erster Linie die nördliche Welthalbkugel, nördlich des 45. Breitengrades – also ungefähr der Höhe New Yorks bzw. Südfrankreichs. Das wird natürlich nicht nur die fliehenden Menschen beeinflussen, sondern auch hier keinen Stein auf dem anderen lassen.
Das Buch von Gaia Vince ist insofern aber besonders, als es diese Migration nicht in erster Linie als „Gefahr“ versteht, sondern als Chance, ja als einzige Chance – selbst für „uns“ Privilegierte. Ihre konkreten Ideen klingen dann wie Science-Fiction, aber gerade das hat mir deutlich gemacht, wie monumental die Aufgabe ist. Sie schildert dann auch, welche technischen und sozialen Kraftanstrengungen notwendig sind, um diese gangbare Zukunft möglich zu machen. Dabei ist sie grundsätzlich optimistisch, dass wir diese werden erbringen können. Ich bin da skeptischer, hoffe aber, dass sie recht hat.
"How High We Go In the Dark" erzählt die Zukunft der Menschheit mit einer ganz besonderen Prämisse: Ein urzeitliches Virus taut aus dem Permafrost Sibiriens auf und zieht um die Welt - nicht so schnell wie in den letzten Jahren Corona, aber genauso gründlich und viel tödlicher. Anstatt nun aber einen wilden Technothriller zu inszenieren, entscheidet sich Autor Sequoia Nagamtasu dafür, den Umgang der Menschen mit dem allgegenwärtigen Tod und der Trauer in den Blick zu nehmen: Er zeichnet Jahrzehnte, in denen die globale Gesellschaft den Umgang mit dem Tod in den Mittelpunkt rückt. Aus Platzmangel werden neuartige Formen der Beerdigung nötig, die den Angehörigen aber - anders als z. B. Massengräber - ein angemessenes Trauern oder Abschied-Nehmen ermöglichen. Hierzu entwickeln sich neue Wirtschaftszweige und neue Technologien. Gleichzeitig bleibt immer die Hoffnung auf einen Ausweg, eine Impfung oder eine Heilung...
Das Buch ist nicht als zusammenhängende Geschichte erzählt, sondern als …
"How High We Go In the Dark" erzählt die Zukunft der Menschheit mit einer ganz besonderen Prämisse: Ein urzeitliches Virus taut aus dem Permafrost Sibiriens auf und zieht um die Welt - nicht so schnell wie in den letzten Jahren Corona, aber genauso gründlich und viel tödlicher. Anstatt nun aber einen wilden Technothriller zu inszenieren, entscheidet sich Autor Sequoia Nagamtasu dafür, den Umgang der Menschen mit dem allgegenwärtigen Tod und der Trauer in den Blick zu nehmen: Er zeichnet Jahrzehnte, in denen die globale Gesellschaft den Umgang mit dem Tod in den Mittelpunkt rückt. Aus Platzmangel werden neuartige Formen der Beerdigung nötig, die den Angehörigen aber - anders als z. B. Massengräber - ein angemessenes Trauern oder Abschied-Nehmen ermöglichen. Hierzu entwickeln sich neue Wirtschaftszweige und neue Technologien. Gleichzeitig bleibt immer die Hoffnung auf einen Ausweg, eine Impfung oder eine Heilung...
Das Buch ist nicht als zusammenhängende Geschichte erzählt, sondern als Sammlung verbundener Kurzgeschichten, die nach und nach weiter in der Zeit voranschreiten. So deckt es einen Zeitraum von gut einhundert Jahren ab und kann sich trotzdem die Zeit nehmen, echte Nähe zu den Figuren herzustellen. Dabei entstehen Bilder – wie das der "City of Laughter" –, die mich noch lange begleiten werden.
Mit ihrem Buch "Chokepoint Capitalism" weisen Rebecca Giblin und Cory Doctorow auf eine Eigenheit des Plattformkapitalismus à la Amazon oder Google hin, die bisher meiner Wahrnehmung nach nicht so klar angesprochen wurde: Plattformen sind bewusst darauf hinentwickelt, nicht nur Monopolist (also einziger Anbieter für ihre Kunden) zu sein, sondern gleichzeitig Monopsonist (also einziger Nachfrager für die Anbieter z. B. der Buchbranche). Auf diese Weise können sie in ihren Märkten sowohl aus den Anbietern von Produkten als auch aus den Kunden das meiste Geld herauspressen und sämtliche Renditen abschöpfen. Ein wichtiges Buch, das mal einen neue Dysfunktionalität unseres (digitalen) Wirtschaftssystems aufschlüsselt.